Sonntag, 23. Mai 2010

Baustelle Manzamnyama und Fussball-WM

Es wird Winter hier an der Wild Coast, was bedeutet dass wir nun drei Monate keinen Regen mehr kriegen. Trockenzeit bedeutet aber auch Bau-Zeit - alle sind nun damit beschäftigt, Ziegel herzustellen, Stroh fürs Dach zu schneiden, neue Rundhütten zu bauen usw. Selbstverständlich sind auch wir wieder mit Volldampf am hämmern und sägen und malen. Dank einer grosszügigen Spende von Frau Gouw-Beck aus Zollikofen können wir nun endlich das erste Gebäude (Küche und Aufenthaltsraum für Camper und Voluntäre) fertigstellen sowie die erste Rundhütte (als Unterkunft für Voluntäre) bauen. Für die Rundhütte zu bauen haben wir Tolikile angestellt, er ist der Vorsitzende vom Dorfrat und eine vertrauenswürdige und verwantwortungsvolle Person. (In den Zeiten als uns der Dorfrat so auf den Senkel ging weil sie immer nur redeten und redeten aber nie was taten hörte Tolikile auf zu den Meetings zu gehen weil er sich ebenso nervte wie wir ...) Tolikile hat uns ein Budget von ca. 9000 Rand gegeben um die Hütte komlett zu bauen, mit Fundamenten, Lohn für Arbeitskräfte, Ziegel (die die Frauen nun herstellen), Stroh fürs Dach und so weiter und so fort. Während also Tolikile und seine Arbeitstruppe mit der Rundhütte beschäftigt sind, bauen Aidan und ich das Küchengebäude fertig. Dank dem unerwarteten Geldsegen konnten wir Bleche fürs Dach kaufen, sowie die spezielle Anti-Rost-Farbe mit der man alle Bleche anstreichen muss, plus Nägel und was es sonst noch alles braucht. Wir arbeiten mit Hochdruck, da wir bis am 10. Juni zumindest das Dach fertig haben müssen. WEIL: am 11. Juni beginnt die Fussball-WM, und wir wollen der Dorfbevölkerung die Spiele zeigen. Alle lieben Fussball! Und Südafrika ist immerhin der Gastgeber, folglich ist ganz Südafrika aufgeregt für den bevorstehenden Event. Und Aidan kam mit der grossartigen Idee, wie wir die Dorfbevölkerung wieder mehr fürs Projekt begeistern und auf uns aufmerksam machen können. Nämlich: wir haben einen Beamer und alle zugehörigen elektronischen Geräte gekauft. (Nochmals herzlichen Dank, Frau Gouw-Beck - die Dorfleute werden es liiiiiiieben!!!) Dann stellen wir eine Leinwand auf, und zeigen die Fussball-WM. Zuerst die drei Gruppenspiele von Südafrika, und danach sehen wir weiter, jenachdem welche Teams in die nächste Runde kommen. Aber: es gibt nichts gratis. Wer von den Dorfleuten ein Fussball-Spiel auf Kino-Leinwand sehen will, muss ein Ticket haben. Tickets können sie bei uns kaufen für 15 Rand, ODER, sie müssen beim Projekt mitarbeiten. 2 Stunden Arbeit bei der Projekt-Baustelle gibt ein Ticket. Oder 1 Bündel Stroh. Oder 10 Erdziegel. Oder 20 Stecken um einen Kraal zu bauen. Oder 1 grosser Hartholz Zaunpfosten. Wer den ganzen Tag arbeitet, kriegt 4 Tickets. Für jedes Spiel, das sie sehen wollen, brauchen sie ein Ticket. So. Und es funktioniert! Kaum hatten wir das alles angekündigt, kamen schon die ersten drei Jungs an und wollten zwei Stunden arbeiten. Wunderbar! Letze Woche haben wir nun den Beamer und alles Material in Mthatha abgeholt und nach Lubanzi gebracht, um es zu testen. Funktioniert gut. Am Montag wollen wir nun in Manzamnyama einen Film zeigen - Eintritt frei für jedermann - um den Dorfleuten zu zeigen was ein Beamer ist und was er tut. Wir haben es bisher erklärt als riesengrossen Fernseher, aber ich glaube die meisten verstanden nicht so ganz was wir eigentlich meinten. Wir hoffen, dass nach der Filmnacht gaaaaanz viele Leute auf den Hügel kommen um zu arbeiten und ihre Tickets zu kriegen! Wenn die Fussball-WM vorbei ist, können wir den Beamer zu Unterrichts-Zwecken einsetzen, oder Dokumentarfilme zeigen, oder was auch immer. Alle lieben Fernsehen. Der Beamer ist definitiv ein Publikumsmagnet, und bringt locker alle Leute an einen Ort, was auch gut ist für uns - zu Meetings kommt nämlich normalerweise fast niemand.

Berichte über die Filmnacht und den Fortschritt vom Hausbau folgen bald ...

Aidan erklärt den Jungs wo sie graben müssen

die Frauen stellen Erdziegel her

Aidan auf dem Dach - die ersten Bleche werden festgemacht

alle Bleche werden festgenagelt

das neue Dach von innen gesehen

Rahel streicht die Bleche (Rost-Schutz)

Aidan schneidet die Bleche gleich lang

das neue Dach von vorne

das neue Dach von der Seite - noch nicht ganz fertig

Sonntag, 9. Mai 2010

Willkommensparty in Lubanzi

Dieses Wochenende gibts einen Bericht über die neusten Neuigkeiten aus Lubanzi. Nächste Woche sind wir dann wieder zurück mit News aus Mpame ...

Also. In Lubanzi haben wir ja ein Haus gekauft, das wir nun in ein Backpackers umfunktionieren. Leider gehört uns aber nur das Haus, und nicht das Land, auf dem es steht. Das Land gehört den Xhosas, den Einheimischen. Und hier kann man Land nicht einfach kaufen, weil hier regiert das Stammesrecht. Um das Land zugesprochen zu bekommen, müssen wir uns zuerst mit den Stammesältesten einigen. Dann brauchen wir den Stempel vom Headman auf unserem Vertrag vom Hauskauf. Damit gehen wir dann zu Tribal Authorities, das Treffen aller Headmans aus der Region. Dort müssen wir uns von allen Oberhäuptern die Genehmigung und den Tribal Authorities Stempel einholen. Und mit all diesen Stempeln tragen wir dann unseren Vertrag zu Land Affairs, wo wir uns offiziell für unser Stück Land bewerben. Die Bearbeitung dieses Antrags dauert dann so drei bis acht Jahre. Eigentlich sollte es drei Monate dauern, aber die Mühlen der Verwaltung mahlen extrem langsam hier. Wie auch immer, sobald unser Antrag deponiert ist, können wir uns mal beruhigt die Hände reiben. Denn für die nächsten drei bis acht Jahre kann uns niemand was vorschreiben, da wir offiziell "unter Antrag" sind. Ha.

Der erste Schritt ist also den Stempel vom Headman einzuholen. Den kriegt man aber nur, wenn die Dorfgemeinschaft einverstanden ist. Also müssen wir zuerst die Dorfgemeinschaft kennenlernen und um Erlaubnis fragen, ob wir hier in ihrem Dorf ein Business betreiben dürfen, und ob sie einverstanden sind, dass dieses Stück Land ums Haus uns gehört. Freitag vor einer Woche hatten wir ein erstes Treffen mit den Leuten aus der nächsten Umgebung und dem Vize-Headman. Bei diesem Treffen wurde uns erklärt, dass wir, gemäss der Xhosa-Tradition, als neue Anwohner eine Party fürs ganze Dorf schmeissen müssen. Das ist Teil des Aufnahme-Prozesses in eine Dorfgemeinschaft. Aidan und ich schluckten mal leer. Von wievielen Partygästen reden wir hier? Müssen wir jetzt eine Kuh schlachten? Das wird teuer ... Aber der Dorfrat war uns gnädig, und sie haben uns gleich die ganze Einkaufsliste geschrieben. Ah, nur Poulet, keine Kuh, Gottseidank. Und ein paar Kisten Bier und zwei Flaschen Cognac. Das können wir verkraften. Es wurde vereinbart, dass das grosse Dorftreffen und die Willkommensparty am Freitag, 7. Mai stattfinden sollen. Die Frauen würden dann am Morgen die Einkäufe bei uns abholen und das Essen zubereiten, darum bräuchten wir uns nicht zu kümmern. Wunderbar.

Am Donnerstag fuhren wir also nach Mthatha, um Geld abzuheben und die Einkäufe zu tätigen. Am Stadteingang stand mal wieder ne Polizeikontrolle, und sie winkten mich mal wieder raus. Was haben die nur alle gegen meinen Beetle? Aber egal, ich habe ja jetzt ENDLICH eine gültige Lizenz. Der Polizist betrachtete den Kleber auf meiner Windschutzscheibe (die Lizenz) und sagte dann, ja aber Madam die Nummernschilder haben nicht die gleiche Nummer wie auf der Lizenz eingetragen. Schluck. Was, wie, wo? Auch Aidan fehlten die Worte. Ich sagte, ui entschuldigung, wissen Sie, ich bin Tourist, ich habe die Autopapiere gerade erst auf meinen Namen umschreiben lassen, und ich wusste nicht, dass sich dabei die Kennzeichen Nummer ändert. Der Polizist sagte, ok nehmen Sie die Nummernschilder jetzt gleich ab, und kaufen Sie sich in Mthatha neue Schilder. Ich sagte, ja ja ok vielen Dank, und wir machten uns ohne Nummernschilder aus dem Staub. Arrrgh. Gottseidank wusste ich wo man Nummernschilder kriegt, bloss dass sie uns dort zuerst noch aufs Traffic Department schickten um eine Kopie meiner Autopapiere anzufordern, und so verstrich der halbe Tag bis wir endlich, neu und korrekt beschildert, unsere Einkäufe tätigen konnten.

Die 2 Flaschen Cognag und die 12 Brote kauften wir in der Stadt im Supermarkt. Den Rest besorgten wir uns in einem Warenhaus: 40kg Poulet, 2 Kisten Bier, 3 Kisten Bier einheimische Marke (im Tetra-Pack), 24 2l-Flaschen Soft Drink (Cola, Fanta etc.). Damit war mein alter VW-Käfer so voll wie er nur sein konnte. Das einheimische Bier im Tetra Pack ist noch am fermentieren, und jedesmal wenn wir über ein Schlagloch ratterten, zischten die Bier-Packs uns an. Es klang wie wenn wir einen Haufen Schlangen im Auto hätten. Naja weit kamen wir nicht, nach ca. 10km stieg plötzlich der Motor aus. Was denn nun schon wieder??!! Aidan sprang aus dem Auto und klappte die Motorhaube auf und rief, schnell, die Stromverbindung zur Batterie trennen! Ich sagte, sehr lustig du Scherzkeks, da stehen grad 5 Kisten Bier und 40 Poulet drauf! Er sagte, dann gib mir einen Lumpen, schnell, es brennt! Ach, DAS schon wieder. Vor einer Woche ist uns bereits ein Kabel durchgebrannt. Jetzt hat ein anderes Kabel Feuer gefangen - wieder irgend ein Kurzschluss. Zum Glück hatten wir gerade ein neues Kabel gekauft (um das andere völlig geschmolzene Ding zu ersetzen, das wir bisher einfach mit Klebeband umwickelt hatten), und so konnte Aidan den Schaden notfallmässig beheben. Danach mussten wir das Auto allerdings anschieben - der Starter funktionierte nicht mehr. Aber das Auto fuhr, und wir schafften es bis nach Hause. Huff. Das zischende Bier in die Garage gestellt, und endlich ausspannen.

Am Freitag fand dann also die Party statt. So um elf Uhr spazierten wir mal langsam zum Kindergarten hoch, aber es waren noch nicht viele Leute da. Die Mitglieder vom neu gegruendeten Dorfrat nahmen Aidan und mich beiseite, um nochmal unseren Business Plan zu besprechen, und was dabei für die Einheimischen rausspringt. Wir erklärten ihnen, dass in den ersten drei Jahren nicht wirklich ein Gewinn zu erwarten ist und eine Gewinnbeteiligung daher kaum Sinn macht, aber dass wir ihnen gerne Job Angebote bieten, z.B. ihre Handarbeiten hier im Backpackers verkaufen oder die lokalen Fischer kontaktieren wenn wir Gäste hier haben die gerne einen Führer möchten. Der Dorfrat war damit einverstanden. Als genug Leute versammelt waren, eröffneten sie das Meeting, und der Dorfrat erklärte den Leuten was wir hier tun und dass wir mit ihnen zusammenarbeiten möchten. Dann tischten sie die Drinks auf, die wir gekauft hatten, und sagten, dass alles Essen und Getränke von uns komme, als Geschenk für die Dorfleute. Alle waren begeistert. Einer nach dem andern standen ein paar Leute auf um auch etwas zu sagen, und das meiste davon waren Aussagen wie "da sie jetzt zu uns gehören sind sie unsere Angehörigen und wir müssen sie beschützen und ihr Haus und ihre Dinge beschützen". So geht das hier. Dann wurde das Meeting beendet und die Party eröffnet. Getränke wurden verteilt, Biere verteilt, und die alten Männer gingen mit den Cognac Flaschen durch die Menge und händigten Shots aus. Ich sass manchmal mit den Frauen, manchmal mit Aidan, manchmal mit Sabelo, unserem Übersetzer. Die Leute wurden betrunkener und betrunkener, und je mehr sie tranken, desto lauter wurden sie. Die Frauen begannen zu klatschen und zu tanzen. Das Essen wurde ausgehändigt, zwei Stück Brot und zwei Stück Poulet auf einem Pappteller. Die Männer wurden zuerst bedient, und was sie nicht wollten, gaben sie den Kindern weiter. Bis halb fünf Uhr nachmittags sassen wir vor dem Kindergarten auf dem Hügel und unterhielten uns mit den Leuten. Und damit gehören wir jetzt offiziell zur Dorfgemeinschaft. Die Party hat uns 1500 Rand (150 Euro) gekostet, und sie bringt uns den Schutz und die Unterstützung und Akzeptanz der Anwohner. Ich denke das ist es allemal wert. :-)

Einer der Dorfältesten wird nun für uns zum Headman gehen, um den Stempel abzuholen. Sobald ich meine Dokumente gestempelt habe, werde ich mich um das Meeting mit Tribal Authorities kümmern.


















Samstag, 1. Mai 2010

Wie ersetze ich mein Badezimmer-Dach?

Herzlich Willkommen zur Heimwerker-Lektion vom April, das ist die neue Ausgabe dieser wunderbaren und lehhreichen Show mit unserem Star-Moderator Aidan. Die April-Ausgabe lautet: wie ersetze ich mein Badezimmer-Dach?

Nun, ganz einfach. Zuerst müssen natürlich die Holzlatten runtergerissen werden. Da man kein Brecheisen hat, nehme man bitte einen alten Spaten, das funktioniert auch. Zuerst müssen die Teer-Reste auf dem Dach eingeritzt werden, damit der Spaten zwischen die Bretter geschoben werden kann. Dann benutze man den Spaten als Hebel, um die Bretter aus den Angeln zu reissen. Kann problematisch werden, wenn die Nägel gerostet sind. Aidans Heimwerker-Tipp: Keep trying.
Wenn alle Bretter weg sind müssen die neuen Blechdach-Platten vorbereitet werden: Zuerst waschen, dann anstreichen (auf der Unterseite), dann zuschneiden mit dem ... ööööh ... jesses ... wie sagt man dem auf Deutsch? Angle-Grinder. Aidan sagt: schneide das Blech selber, aber lass den Handlanger auf dem Dach die Länge und Kurve ausmessen. So. Dann werden die Bleche aufs Dach gehoben (Achtung: bitte Bauarbeiten nicht bei übermässigem Wind ausführen, das ist gefährlich.) und in die richtige Position gelegt. Riesige Nägel nehmen und reinhämmern. (Und nicht Rahel hämmern lassen, die kriegt keine Nägel die länger als 2cm sind in ein Brett rein.) Dann das nächste Blech - es muss das erste um ca. 10cm überlappen. Alle Bleche festnageln. Danach müssen sie am Ende noch gerade abgeschnitten werden, und fertig! (Putzarbeiten IM Haus den Frauen überlassen.) :-)










Beerdigung in Manzamnyama

Heute waren wir in Manzamnyama für eine Beerdigung. Babalwas Mutter ist letzte Woche an Tuberkulose gestorben. Hier draussen scheint TB ein viel grösseres Problem zu sein als Aids ... Babalwas Mutter war schon lange krank, ich habe sie nicht gut gekannt aber sie sah immer sehr müde aus.

Aidan und ich kamen beim Haus an als die Festlichkeiten schon in vollem Gange waren. Sie hatten ein grosses Zelt aufgestellt im Garten, und da sassen hunderte von Dorfleuten. Aidan fragte, und, wo setzen wir uns hin? Ich sagte, na ich hier (bei den Frauen auf den Boden) und du dort (bei den Männern auf den Stühlen). Es dauerte kaum fünf Minuten, da sah ich Aidan hinter einem andern Mann hergehen, der ihn ins Zelt hinein führte, wo die wichtigeren Männer sassen, und ihm einen Stuhl am Ende der Reihe zuwies. Die Frauen um mich herum schickten mich auch in diese Richtung, und so rückte ich ebenfalls näher ans Geschehen und setze mich neben Aidan auf den Boden. Hinten im Zelt waren die Geistlichen, und der Sarg war dort aufgebahrt. Auf der rechte Seite der Zeltwand entlang sassen die wichtigeren Männer, die Dorfältesten und so. Links standen die Frauen, die derselben Kirche angehören wie die Verstorbene. Sie trugen alle lange, blau-weisse Gewänder und weisse Hüte, fast wie Bäcker-Hauben, und sangen Lieder zwischen den verbalen Gewitterstürmen der Geistlichen. Der Rest des Zeltes war angefüllt mit Frauen, die dicht an dicht, Schulter an Schulter, am Boden sassen. Weiter draussen sassen noch weitere Männer auf Stühlen entlang dem Zaun, aber IM Zelt waren praktisch nur Frauen. Die Geistlichen donnerten ihre Reden in die Runde, manchmal klatschten die Leute, manchmal lachten sie, und dann stimmten die Kirchenfrauen wieder ein Lied an. Ihre Stimmen jagen mir immer noch eine Gänsehaut über die Arme. Wie sie so a capalla einfach fünfstimmig singen, und dazu die Trommel schlagen und ein paar Klangschalen und Rasseln. Nach etwa Dreiviertelstunden schien die Messe vorbei zu sein, und die Leute standen auf und gingen ins Feld hinaus. Ich konnte nicht viel sehen da ich mitten zwischen den Frauen war. Hunderte von Füssen die durchs hohe Gras streichen. Wind der an den Röcken zerrt. Das Grab ist mitten im Feld, ein grosses Loch, und am Boden vom Loch noch ein zweites, kleineres. Um das Grab und den Sarg herum standen nur Männer. Die Frauen sassen weiter hinten im Feld. Nach einer weiteren donnernden Ansprache vom Pfarrer wurde der Sarg ins kleine Loch hinunter gehoben, und dann legten sie ein paar Pfosten quer übers Loch und ein paar Strohmatten über die Pfosten. Und dann füllten sie das grosse Loch mit Erde. Die jungen Männer schnappten sich einen Spaten und begannen zu schaufeln, und sobald einer langsamer wurde kam ein anderer von hinten um ihn abzulösen. Aidan stand mit den Männern am Grab. Ich sass weiter hinten bei den Frauen, etwa auf gleicher Höhe mit Babalwa, die wie alle anderen Zuschauer anonym in der Menge sass, still wie eine Statue. Nebendran standen die Kirchenfrauen, und während die Männer schaufelten kam einer der Geistlichen und heitzte den Chor an, warf weitere donnernde Worte an die Frauenmenge und liess den Chor wieder ein Lied anstimmen. Als das Grab zugeschaufelt war standen die Frauen auf und gingen am Grab vorbei, und jede warf eine Handvoll Erde drauf. Danach gingen sie zurück zum Zelt, und auf dem Weg dorthin wuschen sie sich die Hände in einem grossen Waschzuber.

Als alle wieder im Zelt versammelt waren, begannen die Frauen, Essen auszugeben. Sie bildeten eine lange Schlange und reichten die Teller weiter zu den Stuhlreihen der Männer, bis alle Männer gegessen hatten. Während die vollen Teller noch nach links wanderten in den Händen der Frauen, wanderten die leeren nach rechts, zurück in die Küche. Ein Fliessband von Frauen. Dann kam der Tee, und Brot. Und schliesslich Amarheu, ein lokales Getränk. Und erst als alle Männer bedient waren und bereits begannen aufzustehen und zu gehen, kamen die Frauen an die Reihe, die die ganze Zeit geduldig im Zelt am Boden gesessen hatten. Und alles nochmal von vorn. Aidan und ich haben immer Sonderstatus, ich bekam einen Teller mit Essen während die Männer bedient wurden, und wir sassen nebeneinander am Boden und teilten uns einen Teller. Egal wie oft man ablehnt, man kriegt trotzdem Essen - es ist unmöglich, nein zu sagen. Und wahrscheinlich auch unhöflich. Hinter dem Zelt, in den beiden Hütten (dem Haus von Babalwas Familie) spielten die Kinder. Und überall rannten Hunde herum. So viele Menschen. Alle freuten sich dass Aidan und ich auch teilnahmen, viele Frauen kamen und schüttelten meine Hand und fragten nach meinem Befinden und wo ich wohne und woher ich komme.

Da die meisten Männer bereits aufgebrochen waren, beschlossen wir, dass uns nun wohl erlaubt sei, ebenfalls zu gehen. Wir verabschiedeten uns von Babalwa, die noch in der Küche beschäftigt war, und traten den Rückweg durchs Dorf an. Es ist schon komisch - ich habe niemanden weinen gesehen. Der Tod scheint hier einfach zum Leben dazu zu gehören. Er ist noch nicht so abwendbar wie in unserer westlichen Zivilisation. Hier sterben die Leute halt einfach. Und das Leben geht weiter.